TONI IN IRLAND
Halbzeit (fast)
Fast die Hälfte meiner Zeit im Ausland ist nun vorüber und ich bekomme immer weniger Lust Irland zu verlassen. In den vergangenen Wochen habe ich viele neue Leute kennengelernt (es ist so einfach hier mir Menschen ins Gespräch zu kommen), habe mich sehr an die Atmosphäre beim Arbeiten gewöhnt (60 Minuten Pause plus zwei Teepausen täglich) und genieße die irische Landschaft.
An was ich mich aber nur schwer gewöhnen kann ist der Verkehr. Nicht nur der Linksverkehr verwirrt mich immer noch, sondern auch die Ampelsysteme sind nicht gerade die Besten. Egal ob Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer, man braucht ewig für kurze Strecken. Als Fußgänger hat man es zwar am Einfachsten, weil man nie im Stau stehen bleibt, aber wenn man darauf wartet, dass die Ampel grün wird, kann das gut und gerne fünf Minuten dauern (obwohl auch alle Autofahrer rotes Licht haben, ich verstehe es nicht). Deshalb ist es wahrscheinlich auch legal über rot zu laufen. Ein Grund für den schlechten Verkehr ist wahrscheinlich, dass Galway eine Studentenstadt ist, aber nicht genügend Wohnraum für alle Studenten hat. Viele sind auf das Auto angewiesen, da Bus- und Zugverkehr nicht besonders gut ausgebaut sind.
Was mich innerhalb der Bibliothek überrascht hat ist, wie Ausstellungen funktionieren. In Irland gibt es nicht nur keine Jahres- oder Versäumnisgebühren, sondern auch keine Transportgebühren. Auch "konkurrieren" die Bibliotheken untereinander auch fast gar nicht. Für die Ausstellung "Cozy reads" wurden deshalb ein paar bestimmte Titel ausgesucht und viele Exemplare aus ganz Irland bestellt. Dafür hat die Westside Bibliothek auch ein eigenens Konto, auf das die Medien verbucht werden, bevor sie von den Nutzenden ausgeliehen werden.
Auch die Rückgabe von Büchern findet anders statt: anstatt sie (wie in der Humboldt-Bibliothek) in Automaten zu schieben, werden sie am Ausleihautomaten zurückverbucht und entweder ins Regal oder in einen Bin fürs "freibuchen"/"checking-in" gelegt. Dieses Prozedere kennen wir zwar bestimmt alle von Stadtteilbibliotheken wie z.B. dem MV, allerdings werden die Medien nicht ungedingt auf ihren Zustand geprüft. Das hat zur Folge, dass Bücher, die fast auseinander fallen oder im schlimmsten Fall sogar Schimmel aufweisen, wieder Im Regal landen. Deshalb habe ich diese Woche jedes Buch von den Kinderromanen aus dem Regal gezogen und viele davon makulieren dürfen. Außerdem werden die Medien auch sehr sehr oft am Infopult abgegeben oder ausgeliehen.
nachdem es letzte Woche Probleme mit der Heizung gab, weil sie nicht funktioniert hat und es zu kalt war, haben wir diese Woche das gegenteilige Problem: Die Heizung lässt sich nicht mehr runterdrehen. Im Durchschnitt haben wir 23 Grad in den Büroräumen.
Wenn man im Oktober in Irland ist, bekommt man einen Satz besonders zu hören: "wusstest du, dass Halloween aus Irland kommt?"
Besonders in Galway wird es besonders gefeuert und meine Kollegen und ich haben uns schon am Freitag für die Arbeit kostümiert. (Ratet Mal wer die Einzige war, die keine Hexe war?). Ich bin den halben Tag als Grim Reaper durch die Bibliothek gelaufen und habe Kinder erschreckt. Das war ein gelungener Arbeitszeit sage ich euch. Die andere Hälfte des Tages habe ich wieder im Büro verbringen müssen, weil Demonstranten die Stadt unsicher gemacht haben.
(Deshalb habe ich auch Zeit so einen langen Text zu schreiben)
Dieses Wochenende kommt mich meine Tante besuchen und wir werden zusammen zu den Cliffs of Moher fahren. Ich habe gerade die Nachricht bekommen, dass sie bereits in Dublin angekommen ist!
Am Sonntag fliegt sie dann leider auch schon nach Hause und verpasst die berühmte "Macnas Parade", die Sonntagabend stattfindet. Am Montag ist Bank holiday (nationaler Feiertag) und ich kann Zuhause bleiben.
Im Laufe der nächsten Woche werde ich noch mehr darüber schreiben was die Westside-Bibliothek alles anbieten außer "bloß Bücher".
Schaurige Grüße aus Irland
Toni